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Valeskas Kunst ist nie langweilig

50 großformatige Bilder (bis zu 3.20 x 4.00 Meter) zeigte Valeska im September 2006 in der 6000 Quadratmeter großen Eingangshalle der Messe München. „Harmonie der Gegensätze“ nannte sie ihre Ausstellung. Stefan Mekiska, Kultur-Redakteur beim Bayerischen Rundfunk, schrieb in dem dazu herausgegebenen Katalog über Malerin und Werke:

Man blickt automatisch hin. Man kann sich diesen Bildern nicht entziehen, will es auch gar nicht. Valeskas Gemälde wirken aus der Ferne.

Das hat schon mancher Münchner Autofahrer feststellen können, der sich am Altstadtring plötzlich magisch in das Foyer einer Großbank hineingezogen fühlte. In leuchtenden Farben versetzen dort die, oberflächlich betrachtet, abstrakten Gemälde der Künstlerin eine ganze Häuserfront in Bewegung, locken ins Innere, verführen den Großstadtflaneur und –chauffeur zur Kunst.

Lavastrom, Öl auf Leinwand, 1.60 x 2.00 Meter

Wer dann näher heran tritt, der wird unweigerlich immer neugieriger. Denn die Bilder wirken erst recht aus der Nahsicht.

Was wie spontan und pastos auf die Leinwand gemalt scheint, ist nämlich in Wirklichkeit Ergebnis eines sehr gekonnten, sehr ausgetüftelten Malprozesses. Dreidimensional treten Binnenstrukturen fast blasenartig aus den Gemälden hervor. Kleinere Ereignisse sind mitten im großen Schwung auf der Leinwand zu entdecken. Futter für die Fantasie der Betrachter. So wird Valeskas Kunst nie langweilig.

Was dem Großstadtpublikum quasi „im Vorübergehen“ gefällt, bleibt auch für den langjährigen Sammler immer wieder Quelle der Anregung und Vertiefung sowie Grund für eingehendes Studium. „Wer ein bisschen von Psychologie versteht, der kann bei diesen Bildern in meiner Seele lesen wie in einem Buch,“ sagt die Künstlerin selbst über ihre Arbeiten.

Valeska schafft es, offensichtlich Gegensätzliches in Kunst zu vereinen. Da trifft die figürliche Darstellung schemenhafter Gestalten, zeichenhafter Pflanzen und „schwarzer Sonnen“ ganz selbstverständlich auf ein abstrakt erscheinendes Umfeld, das sich in den Köpfen des Publikums dann sofort zu Urlandschaften oder in ein allumfassendes kosmisches Geschehen verwandelt. Rot und Schwarz, Weiß und Schwarz, Helles und Dunkles, wenig Eckiges und viel Rundes, freie Formen und inhaltliche Aussagen: Die Künstlerin führt all dies zu einem geschlossenen Werk von inzwischen weit mehr als 1000 großformatigen Gemälden zusammen.
Führte durch die Ausstellung; Valeska mit Staatsminister Erwin Huber (Foto links).


Oben: Handwerkskammer-Präsident Heinrich Traublinger (l.) und Verfassungsgerichtshof-Präsident Dr. Karl Huber.


Unten: Blumen von Gastgeber Manfred Wutzlhofer
Wie bei guter Musik liegt gerade in den offensichtlichen Kontrapunkten der Schlüssel zur wahren Harmonie.

Ein Besuch im Haidhauser Atelier Valeskas bringt einen zumindest einigen ihrer Geheimnisse auf die Spur. Da bekommt man zum Beispiel die kleinformatigen Entwurfsskizzen in Öl zu sehen. Die großen Gemälde sind also keineswegs spontan hingeworfene Werke, sondern Ergebnisse manchmal Monate langer Entstehungsprozesse. Eine erste Idee wird fixiert. Es werden teure, große Leinwände aufgezogen und grundiert, so dass die Kunstproduktion der Malerin anschließend im großen Format (sogar 3,75 mal 2,20 Meter) beginnen kann.

Stolz berichtet Valeska, wie sie nun bis zu 23 Schichten ihrer schönen eigenen Farbmischungen auf den Malgrund aufträgt. Selbst die Alten Meister hätten handwerklich nichts Besseres anzubieten gehabt. Lasierend, also mit fast Licht durchlässigem Bindemittel und nur reduzierter Pigmentzahl, kommen ihre Farben so lange übereinander, bis sie wesentlich stärker leuchten als das ein einzelner, noch so kräftig angerührter Pinselhieb könnte.

Um das so entstandene, erstrichelte, ermalte, ertüftelte Kunstwerk dann auch noch in guter Kondition für die kommenden Jahrhunderte zu erhalten, hat Valeska einen eigenen Firnis entwickelt, der wesentlich weniger vergilbt als die marktüblichen Produkte. So hat ihr Malerinnenatelier auch etwas von einer Alchemistinnenküche über den Dächern der Stadt. Ihre Rezepte aus Öl, Eiweiß, Harzen und anderen Stoffen bleiben dabei streng gehütete Betriebsgeheimnisse.

Aufziehendes Gewitter, Öl auf Leinwand, 1.60 x 2.00 Meter

Der Umzug nach München, die Gründung des „Atelier Valeska“ brachten vor zehn Jahren eine bis heute deutlich sichtbare Wende in ihrem Werk. Auch wenn man das kaum politisch deuten kann: Ohne die bayerische Landeshauptstadt gäbe es kein Rot in ihren Bildern. Weil Valeska als Kind wegen ihrer auffälligen Haarfarbe gehänselt worden ist, hatte sie diese nämlich jahrzehntelang erfolgreich vermieden. Lieber tauchte sie, beeinflusst von der asiatischen Lackkunst, in dunkelbraune Tiefen auf ihren Bildern. Oder sie integrierte Metalle, sogar Gold, in ihre Ölfarben. Stets präsent waren das Blau, das Weiß und das Schwarz. Aber zum Rot haben sie erst die bayerische Lebensfreude und – als Auslöser - eine Asienreise durch fünf Länder verleiten können.

Die in Stettin geborene Künstlerin – der Vater war polnischer Abstammung, die Mutter stammte aus einer Hugenottenfamilie - ist in Görlitz aufgewachsen. Angeregt durch Vorbilder in der eigenen Verwandtschaft hätte sie sich in der Jugend auch eine Karriere als Tänzerin vorstellen können. Die Disziplin bei den Ballettstunden ist Valeska dabei so in Fleisch und Blut übergegangen, dass sie heute entsprechend eisern an ihren Gemälden arbeitet.

Der Laudator

Bayerns Wirtschaftsminister Erwin Huber hielt bei der Vernissage in der Messe München die Laudatio; Hauptgeschäftsführer Manfred Wutzlhofer begrüßte die Gäste. Gesehen: Bundestagsabgeordnete Renate Blank, Fürths Landrätin Dr. Gabriele Pauli, Prof. Dr. Werner Weidenfeld, Alpha- Geschäftsführer Gerd Schmelzer, Nürnbergs BMW-Boss Hans-Reiner Schröder.
Ihr Studium an der Ostberliner Kunstakademie stand ganz unter dem Zeichen des vom Regime verordneten „Sozialistischen Realismus“. Im Handwerklich-Technischen war die Kunstausbildung in der DDR hervorragend, was man Valeskas Werken bis heute ansieht und was auch durch den anhaltenden Markterfolg der diversen „Leipziger Schulen“ belegt wird. Anfang der 60er Jahre ging die Künstlerin in den Westen, entwickelte ihren Malstil zunächst im Verborgenen weiter, kam vom Realismus zum Surrealismus. Aus Landschaften, Tieren, Pflanzen wurden ab 1965 „Schuppenbilder“, bei denen die Oberflächen der Lebewesen und Dinge in einzelne Zellen aufgebrochen werden. Noch heute kann man sich nie ganz sicher sein, ob nicht ein scheinbar abstraktes Bild Valeskas in Wirklichkeit eine extrem vergrößerte Rosenblüte oder eine Hautfalte repräsentiert, ob nicht im Schwung einer Linie in Wahrheit eine verkleinert eingefrorene Meereswelle verborgen sein könnte. In dieser Phase ihres Schaffens kamen die ersten Erfolge: Internationale Ausstellungen gipfelten 1972 im französischen „Prix de Composition“.

Und auch aus Sicht der Gleichberechtigungsdebatten der Zeit gelang so mancher Durchbruch: Schließlich war Valeska die erste Frau, die im „Männerkünstlerklub“ Malkasten in Düsseldorf ordentliches Mitglied werden und ausstellen durfte. Noch heute diskutiert sie gerne darüber, warum bisher so wenige Geschlechtsgenossinnen mit ihren Arbeiten den Weg in die Sammlungen der „Pinakothek der Moderne“ in München gefunden haben.

Valeska hat sich auch auf dem Gebiet der Verbreitung und Vermarktung ihrer Kunst erfolgreich neue Bereiche erschlossen. Einmal im Jahr lädt sie zum „Tag der offenen Tür“ in ihr „Atelier Valeska“ nach München ein, wo man Werke aller Schaffensphasen, mit Ausnahme des zurückgelassenen „Sozialistischen Realismus“, antreffen und betrachten kann. Darüber hinaus macht sie es insbesondere Firmen möglich, ihre Gemälde nicht nur zu kaufen, sondern auch für ein Jahr oder länger zu mieten. Dabei können sogar Steuern gespart werden. Die Miet-Kunst lässt sich beim Finanzamt absetzen, so lange das Unternehmen kein Eigentum an den Gemälden erwirbt. Und für Valeska bedeuten die „Mieteinnahmen“ eine willkommene Absicherung ihrer Künstlerexistenz. Ein echtes Geschäft zum gegenseitigen Vorteil also.

Die Künstlerin kann inzwischen so souverän in ihrem kreativen Kosmos schalten und walten, dass sie selbst eine Rückkehr zur figurativen Malerei seit 2001 mühelos in den Kontext integriert. Erregt von Themen wie der Unterdrückung von Frauen in der Welt, der Umweltproblematik, der Diskussion um die Gentechnologie oder den Irakkrieg sind Werke entstanden, auf denen wieder schemenhaft Figuren auftauchen. Während sich bei einem besonders eindrucksvollen Bilderpaar „Schuld und Sühne“ auf dem linken Gemälde unter einer schwarzen Sonne und einem roten Himmel verkohlte Baumgerippe zeigen, weist das Gegenstück die schwarzen Silhouetten von Menschen auf, die sich als Gruppe einer feuerroten Umgebung zu erwehren haben. Das lässt sich mühelos auch aus großer Entfernung zu einer eindrucksvollen Erzählung zusammen denken. Wer jedoch näher an die beiden Bilder herantritt, der wird auch innerhalb der roten und schwarzen Flächen viele Entdeckungen machen können.